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Jüdische Allgemeine, 10. Juni 2004, S. 2

Von Zäunen, Steinen und Beton

In Köln wurde über Israels Politik geschimpft

Von Ralf Balke

"Gibt es etwa eine andere Meinung?" Für Elisabeth Becker vom Verein Alte Feuerwache in Köln wohl nicht. Die Bitte der Vizepräsidentin der Europäischen WIZO, Margitta Neuwald-Golling, anläßlich der dort unter dem Motto "Stop the Wall" stattfindenden Konferenz auch über Israels Sicherheitszaun informieren zu dürfen, wurde abgelehnt. Die Initiatoren der Kampagne gegen die "Apartheidsmauer" wollten am 5. Juni unter sich bleiben. Nun ließe sich ein solcher Israel-Bashing-Event leicht ignorieren, wären da nicht Promis wie Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm und Professor Moshe Zuckermann unter den Referenten.
Auch versprachen die Gastgeber eine "Internationale Konferenz für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel". Was sie darunter verstehen, wurde jedoch rasch deutlich. Tenor aller Redebeiträge: Israel sei ein "rassistischer Staat", und der Sicherheitszaun diene nur als Instrument einer "Politik der ethnischen Säuberung". Daß die "Mauer" bis auf wenige Kilometer Betonabsperrungen keine wirkliche Mauer ist, sondern ein Sicherheitszaun, interessierte kaum.
"Kein Schwein bildet sich ein, daß es sich um eine Schutzmauer handelt", behauptete auch Moshe Zuckermann und beklagte die "Fetischisierung des Terrors" durch israelische Politiker. Neues über die Traditionen des gewaltlosen Widerstands der Palästinenser erfuhr man indes von Noah Salameh, dem Leiter des Zentrums für Konfliktlösung in Bethlehem. Bereits die erste Intifada sei gewaltlos gewesen, schließlich hätten die Palästinenser nur Steine geworfen. Dies stünde doch in der Tradition der Pilgerfahrt nach Mekka, wo in einem symbolischen Ritual auch Steine auf den Teufel geworfen werden.
Star des Tages war Norbert Blüm. "Ich bin kein Fachmann", ließ er das Publikum wissen. Das machte nichts. Tosender Applaus war ihm dennoch sicher, als er Scharon wieder zum Verbrecher stempelte. Daß der Beifall deutlich verhaltener ausfiel, als er auch auf das Existenzrecht Israels pochte, störte ihn offenbar wenig. Blüms früherer Chef Helmut Kohl wäre wohl überrascht, seinen einstigen Weggefährten heute auf Veranstaltungen zu wissen, auf denen "zehn Euro für das irakische Volk im Widerstand" gesammelt wird.
Die Anwesenheit israelischer Referenten wie Professor Amnon Raz-Krakotzkin sollte so etwas wie Pluralität simulieren. Als dieser dann erklärte, daß auch die israelische Friedensbewegung abzulehnen sei, weil sie den Staat Israel unterstütze, war klar, warum er die Einladung nach Köln erhalten hatte.